Im vorherigen Kapitel über den Aufbau des Gehirns haben wir ja schon eine extrem wichtige Information für das Lernen erhalten, wir erlernen Fähigkeiten hauptsächlich im Großhirn (schlau, aber langsam), benötigen das Gelernte aber anschließend im Stamm-/ Kleinhirn (schnell, aber blöde). Das Ziel des Lernens ist es also, das Erlernte im Stamm-/ Kleinhirn abzuspeichern damit man anschließend, instinktiv das richtige macht.
Die Erkenntnis, dass das Großhirn eigentlich nur eine Sache gleichzeitig machen kann, führt zur ersten Lern-Methodik. Trainings- bzw. Lerninhalte werden dabei in kleine Pakete zerlegt und einzeln erlernt vzw. trainiert. Statt also Linie, Blickführung, Bremspunkte und dergleichen zum selben Zeitpunkt zu erlernen, konzentriert man sich beim Lernen auf eines dieser Themen, z.B. die Blickführung. Das überfordert nicht das Großhirn und verbessert den Lerneffekt.
Es wäre zwar schön wenn man etwas einmal lernt und es dann für den Rest der Zeit kann, leider funktioniert das meistens nicht. Der Grund dafür ist mal wieder der Aufbau des Gehirns, also zumindest wenn es um das Erlernen von Fähigkeiten und Bewegungsabläufen geht. Das Prinzip ist hier, man lernt etwas im Großhirn und lässt das Gelernte in das Klein-/ Stammhirn absinken. Das ist natürlich nichts, was man bewusst steuern kann, vereinfacht gesagt geht es darum etwas im “Schlaf” zu können. Das passiert wenn man etwas so oft wiederholt hat das man während der Ausführung nicht mehr darüber nachdenkt. Der Bewegungsablauf, das Handeln oder was auch immer man gerade lernt, findet nicht mehr im Großhirn statt, sondern nun unbewusst im Stamm-/ Kleinhirn, vergleichbar mit dem Gehen, Atmen, Laufen, Springen oder wo man sonst in der Regel eher weniger drüber nachdenkt.
Während man im Supermarkt beim Selbstgespräch eher komisch angeschaut wird, so ist das Selbstgespräch im Lernbereich durchaus hilfreich. Im wesentlichen geht es darum, zukünftige Bewegungen, Abläufe oder Reihenfolgen im Vorwege, gedanklich zu visualisieren. Das kann z.B. die Abfolge der Kurven auf einer Rennstrecke sein, das können Bremspunkte sein, Schaltvorgänge und so weiter und so fort. Es kann aber auch das bewusste Atem sein, oder Punkte zum entspannen. Wie das aussehen kann zeigt z.B. Philip Öttl vor dem Moto3 Grand Prix am Sachsenring 2017:
Jeder der schon einmal auf der Rennstrecke unterwegs war kennt die Situation. Man nimmt sich vor irgendwas im nächsten Turn besser zu machen, aber bereits nach der ersten Runde hängt man hinter irgendwem fest der gerade mit einer nervenden Linie das Überholen unmöglich macht. Man fängt an sich zu ärgern, versucht alles erdenkliche und zwei Runden später hat es dann endlich mit dem Überholen funktioniert. Man fährt den Turn zu Ende, hat anschließend in der Box viel zu erzählen aber wenig gelernt, das hatte man im Eifer des Gefechts leider völlig vergessen. Das man sich im Eifer des Gefechts auf andere Dinge konzentriert kommt häufiger vor als man annimmt. Es ist nicht nur der Fahrer vor einem, es kann auch ein misslungenes Anbremsen sein, ein Rutschen oder was auch immer auf einmal die ungeteilte Aufmerksamkeit erfordert. An dieser Stelle kommt das gestützte Lernen zum Einsatz. Im Prinzip ist es nichts anderes als eine Methode die einen daran erinnern soll, dass man ja eigentlich zum Lernen rausgefahren ist. Das geht z.B. mit der Hilfe von Etikettendruckern. Einfach einen Aufkleber mit dem Wort “Blickführung” ausdrucken und den dann mittig im Cockpit über den Drehzahlmesser kleben. Schon schaut man vier/ fünfmal pro Runde auf einen Aufkleber mit dem Wort “Blickführung” und erinnert sich wieder daran, was man denn gerade Lernen wollte. Wichtig ist bei dieser Methode eigentlich nur das man dafür Schlagworte benutzte und keine langen Romane schreibt und dass man die Notizen so platziert das man auch regelmäßig drauf schaut. ein Aufkleber mit “Es wäre schön, wenn du dich bei Gelegenheit mal wieder um die Blickführung kümmern könntest” auf dem Heck des Motorrades bringt dann nicht so viel.
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Die Planung ist nicht unbedingt eine eigenständige Lernmethode oder Bestandteil einer Lernmethode, trotzdem ist sie für das Lernen wichtig. Sie schafft nämlich den Raum, den ich zum Lernen benötige. Einfaches Beispiel, ich nehme mir vor meine Blickführung während einer Trainingssession zu verbessern. Ich plane aber die Session nicht in mit allen zugehörigen Aktivitäten/ Arbeitsschritten. Ich habe mein Motorrad nicht gecheckt und vorbereitet, ich schauen nicht auf die Uhr, wann die Session losgeht, ich bin nicht umgezogen, ich habe den Aufkleber in der Kanzel mit dem Wort Blickführung vergessen, kurzum, nix ist geplant, nix ist vorbereitet und ich möchte jetzt das Training starten. Sind wir ehrlich, die Session ist vorbei, bevor ich das erste Mal mich um das Thema Lernen gekümmert habe und in Folge dessen ist der Lerneffekt bestenfalls gering. Je besser man seine Trainingseinheiten also plant und vorbereitet, desto besser kann man sich auf das eigentliche Lernen konzentrieren und desto größer sind die Lernerfolge.
Pro-Tipp: Das Lernen ist eine eigene Wissenschaft, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Es gibt unzählige Trainingsmethodiken, Tipps und Tricks um das Lernen zu verbessern und zu vereinfachen. Das kann natürlich nicht in einem einzigen Artikel vollumfänglich behandelt werden. Aber, es gibt natürlich jede Menge richtig gute Literatur die sich mit dem Thema beschäftigt, meine Empfehlung ist hier zu Büchern von entweder Prof. Bernt Spiegel oder Prof. Hans Eberspächer. Zugegebenermaßen sind beide manchmal ein bisschen wissenschaftlich, trocken unterwegs, aber fachlich ohne Fehl und Tadel.